Zeichnen und Malen lernen – FAQs

Zeichnen und malen lernen – FAQs

Viele Menschen, die sich für Kunst interessieren, haben oft auch ein mehr oder minder heimliches Bedürfnis, selber kreativ tätig zu werden. Deshalb will ich hier die Fragen beantworten, die mir im Laufe meiner mittlerweile 30-jährigen Unterrichtstätigkeit von Anfängern oder solchen, die es werden wollten, immer wieder gestellt worden sind. Und wenn Sie zum Zeichnen oder Malen lernen in die Oberpfalz kommen möchten, umso besser 🙂

1. Ich möchte zeichnen und malen lernen, womit soll ich anfangen?

Grundsätzlich empfehle ich immer, mit dem Zeichnen anzufangen. Es ist die ursprünglichste Form der zwischenmenschlichen Kommunikation über Zeichen und Symbole. Es ist auch wesentlich einfacher zu lernen, weil man sich zunächst nur auf die Hell-Dunkel Werte konzentrieren muss, während beim Malen auch noch die Farbe dazukommt, und man sich selber dadurch leichter überfordert. Ausnahme ist, wenn sich jemand für abstrakte Malerei entscheidet, da ist zeichnen zu können zwar auch von Vorteil, aber nicht unbedingt notwendig.

2. Muss ich realistisch zeichnen lernen? Ich kann das nämlich nicht.

Müssen tut man gar nichts. Aber Zeichnen ist eine Form der Kommunikation. Und wenn man realistisch zeichnen kann, hat man wesentlich mehr Möglichkeiten, sich auszudrücken und auch von anderen Menschen verstanden zu werden, als wenn man sich auf abstrakte Formen beschränkt.
Und dieses „Ich kann das nicht“ ist in 99,9 % der Fälle einfach nur die Angst davor, es nicht zu können, nicht verstanden zu werden und dann von anderen dafür ausgelacht zu werden. Andere dafür zu beschämen, dass sie etwas nicht oder noch nicht können, ist leider weit verbreitet und rührt aus unserer Gehorsamserziehung. Es hindert viele, viele Menschen daran, etwas Neues auszuprobieren, sich zu entwickeln, Dinge zu hinterfragen, unabhängiger zu werden und sich selber immer mehr zuzutrauen.
Realistisch zeichnen zu lernen, funktioniert genauso, wie schreiben lernen oder Auto fahren lernen. Man muss es täglich und viele Male tun, bis die einzelnen Schritte automatisch ablaufen. Bei den ersten Arbeiten, die entstehen, höre ich ganz oft: „Bei mir sieht das aber aus, so als ob es ein Kind gemacht hätte.“
Das ist völlig normal. Denn wir haben in unserem Gehirn ein ausgeprägtes Areal für ein 3D Realität, aber keines für nur 2 Dimensionen. Das 2D Areal muss man praktisch völlig neu schaffen, erst einmal ein Fundament legen und dann langsam aufbauen, bis es schließlich genauso schnell gefunden wird, wie das 3D Areal.
Man kann sich das Üben ein bisschen leichter machen, indem man sich zum einen immer nur kleine Schritte vornimmt, die man auch gut bewältigen kann. Zum anderen kann man das Lernen beschleunigen, wenn man alle Sinne beim Zeichnen einbezieht. Es sich zum Beispiel besonders gemütlich macht, sich schöne Musik auflegt, den Gegenstand auch erstmal von allen Seiten betrachtet, daran riecht, oder Erinnerungen wachruft. Dadurch aktiviert man viele Regionen im Gehirn, und die dort abgerufen Erinnerungen fließen in die Darstellung mit ein. Die dadurch entstehende Individualität ist genau das, was Kunst so interessant macht. Denn jeder Mensch ist anders und bringt eigene, oft überraschende Sichtweisen ein.

3. Ich habe gehört, dass ich immer das beste Material kaufen muss, weil ich es sonst nie richtig lerne. Stimmt das?

Jein. Ich empfehle Anfängern immer die goldene Mitte. Tatsächlich ist schlechtes Material eher geeignet, die eigene Unsicherheit, ob man es kann oder nicht, zu bestätigen, weil man meistens schlechtere Ergebnisse erzielt, als mit gutem Material. Sehr teures Material aber hat meines Erachtens den gleichen Effekt. Wenn man – was unweigerlich passiert – dann nicht sofort tolle Ergebnisse produziert, neigt man zu der Überzeugung, „ich kann es einfach nicht“. Oder man traut sich nicht so viel zu üben, wie es nötig wäre, weil es sehr schnell richtig ins Geld gehen kann.

Deshalb rate ich von No-Name-Produkten dringend ab, weil die Ergebnisse nicht das wirkliche Können spiegeln werden. Z.B. werden bei Bleistiften, Buntstiften oder Farben oft weniger Pigmente benutzt und man erhält blässliche Ergebnisse. Malgründe und Pinsel sind ebenfalls häufig von schlechter Qualität, und/oder halten nicht lange. Der billige Preis kommt nicht von ungefähr.

Ich rate dazu, Markenware zu kaufen. Es gibt für Zeichnen und Malen bekannte Marken, wie Faber-Castell, Staedtler, Kohl-i-Noor, Caran d’Ache, Lukas, Schmincke, Rembrandt, Daler&Rowney, Winsor&Newton und viele mehr. Auch die großen Online-Händler für Kreativbedarf haben brauchbare Eigenmarken. Für Anfänger, die sich ausprobieren möchten, sind deren Studio- oder Studienqualitäten die beste Wahl. Sie sind von der Qualität her so gut, dass man gute Ergebnisse bekommt, aber vom Preis her so, dass man sich erlauben kann, zu üben, ohne sich dabei unter Druck zu setzen. Wenn man dann geübter ist, kann man sich Künstlerqualität nachkaufen. Wobei ich z.B. bei Acryl heute noch die Studiofarben benutze, weil es zur Künstlerqualität für mich keinen erkennbaren Unterschied gibt. Das muss man dann von Fall zu Fall ausprobieren.

Ich empfehle auch immer, am Anfang nur mit dem Material zu arbeiten, das unbedingt notwendig ist, weil man dadurch den Überblick behält. Wenn man mit nur vier Bleistiften arbeitet, erhält man das gleiche Ergebnis wie mit 10 Bleistiften, aber das Üben fällt wesentlich leichter. Ungefähr so, wie wenn man beim Rechnen lernen mit den Zahlen 1 bis 10 anfängt.
Für Öl- und Acrylmalerei reichen drei Borstenpinsel und zwei Rundhaarpinsel in unterschiedlichen Größen am Anfang völlig aus, beim Aquarellmalen würde sogar nur ein Aquarellpinsel N 12 genügen.
Das Gleiche gilt für Farben: Im Grunde ist es ausreichend, wenn man anfangs nur drei Grundfarben und Weiß kauft und dann mit der Zeit die Farbpalette auf 10-12 Farben erweitert. Auch hier gilt: weniger ist mehr. Man behält dadurch den Überblick und ist gezwungen, das Farben mischen zu lernen. Nur beim Aquarell ist es vielleicht sinnvoll, sich einen Kasten mit 12 bis 16 Farben zu kaufen, weil man hier den Vorteil einer tragbaren Palette hat, und die Farben später mit den besseren Tubenfarben auffüllen kann.

Für die Malgründe gibt es ebenfalls einen goldenen Mittelweg. Wovon ich grundsätzlich abrate, sind Keilrahmen zum Üben. Und zwar zum einen aus Platzgründen, zum anderen aber aus Nachhaltigkeitsgründen. In meinen Augen ist das nämlich eine völlig übertriebene Holzverschwendung. Es sieht zwar sehr schick und professionell aus, aber man hat viel mehr davon, wenn man sich z.B. gute Leinwand auf Rollen kauft und zum Malen auf Hartfaserplatten klippst. Man kann die Leinwand leicht lagern und wenn man ein Bild trotzdem noch ausstellen möchte, kann man es entweder dann noch auf Keilrahmen aufspannen, oder aber auf eine MDF Platte aufziehen. Noch besser ist zum Üben einfache Graupappe oder auch dickes Papier, das man ganz leicht selber mit Gesso beschichten kann. Gerade mit Acrylfarben kann man da auch viel experimentieren. Ein kleines Mustersortiment für Acryl- oder Ölmalerei gibt es hier im Shop

Wenn man mit Aquarellfarben arbeitet, ist das A&O tatsächlich anständiges Aquarellpapier. Da führt kein Weg daran vorbei. Wichtig ist, dass das Papier mindestens 300 g/m² Papiergewicht hat, weil es dann zum einen nicht so leicht wellt, zum anderen aber auch nicht so empfindlich ist, wenn man gerade am Anfang die Oberfläche durch häufiges Korrigieren beansprucht. Ich würde auch zunächst zu Papier aus 100 % Zellulose raten. Es wesentlich günstiger, und man ärgert sich nicht bei jedem verdorbenen Versuch, weil man schon wieder ein Blatt für 2 Euro das Stück wegwerfen muss. Es ist auch von der Oberfläche her nicht so empfindlich und man kann hier Fehler leichter korrigieren. Mit der Zeit wird man aber nicht drum herumkommen, verschieden Papiere auszuprobieren. Es gibt Firmen, die Probierblöcke anbieten, die sind ein bisschen schwer zu finden, aber es lohnt sich. Ein kleines Mustersortiment mit vier Papieren kann man hier im Shop bestellen.

4. Wenn ich malen lernen will, mit welchen Farben soll ich dann am besten anfangen?

Die allermeisten Menschen, die malen lernen möchten, kaufen zunächst Aquarellfarben, weil sie glauben, dass die so ähnlich funktionieren, wie die Deckfarben in der Schule. Und natürlich neigt man intuitiv zu dem, was man schon kennt. Tatsächlich ist die Aquarellmalerei mindestens genauso schwierig zu erlernen wie Ölfarben.
Ich rate Anfängern deshalb immer zu Acrylfarben, weil man mit denen sowohl so pastos wie mit Ölfarben als auch so zart und durchscheinend malen kann wie mit Aquarellfarben. Zusätzlich haben sie den großen Vorteil, dass sie wasserfest trocknen und man ganz leicht immer und immer wieder drüber malen kann, ohne dass man was kaputt macht.

5. Sie zeigen bei Ihren Anfängervideos immer zuerst, wie man einen Farbkreis malt. Warum benutzen Sie dabei nicht die „richtigen“ Primärfarben?

Das Thema Farbkreis ist ein bisschen kniffelig. Es gibt zur Farblehre mit dem Farbkreis allerlei Theorien und widerstreitende Meinungen, die ich aus pädagogischer Sicht aber für wenig hilfreich halte. Denn die Vorstellung mancher Theoretiker ist, dass man aus den „richtigen“ Primärfarben, die da wären Magenta, Cyan und Gelb, alle Farben mischen kann, dass man nur mit diesen drei Farben die „richtigen“ Sekundär- und Tertiärfarben im Farbkreis bekommt. Und nur diese drei Primärfarben wären nicht aus anderen Farben mischbar.

Der daraus resultierende Streit geht vor allem um die Farblehre von Johannes Itten zurück, einem der wichtigsten Kunstpädagogen des 20. Jahrhunderts. Er stellt in seiner Farblehre einen idealen Farbkreis vor, anhand dessen er seine Farbgesetze erklärt. Die Kritik daran ist, dass die Mischungen in diesem Farbkreis mit den von ihm gewählten Grundfarben nicht entstehen könnten. Meiner Meinung nach hat er aber nie von konkreten Farben gesprochen, sondern immer nur von Farben 1., 2. und 3. Ordnung. Also von imaginären idealen Rot-Gelb-Blau-Tönen.

Ich persönlich hatte zu diesem Thema ein ganz großes Aha-Erlebnis, als ich mir ein Buch der amerikanischen Künstlerin Nita Leland gekauft habe. Sie zeigt hier viele Farbkreise mit Variationen der Grundfarben auf und das ist seitdem auch mein Ansatz. Ich beschränke mich dabei nicht auf den einen „richtigen“ Rot, Gelb- und Blauton, sondern ich wende das System des Farbkreises auf alle möglichen Rot-, Gelb- und Blautöne an, so wie eben Itten das vermutlich auch gemeint hat.

Deshalb spreche ich auch nicht von Primärfarben, sondern von Grundfarben und meine damit alle Varianten von Rot, Gelb und Blau. Ich rate auch allen Anfängern und Fortgeschrittenen, mit möglichst vielen Variationen der Grundfarben zu arbeiten.
Der jeweilige entstehende Farbkreis ist dann ein wunderbares Hilfsmittel, weil man lernt, wie die verschiedenen Pigmentfarben sich miteinander vermischen und weil man wunderbar ablesen kann, welche Farben gut miteinander harmonieren, und welche einen stimmigen Kontrast ergeben.

6. Ich habe gehört, dass man beim Aquarellmalen immer zwei Wassergefäße benutzen soll, damit die Farben rein bleiben. Warum tun Sie das nicht?

Das ist ein Kommentar, den ich immer wieder unter meinen Videos finde. Zwei Wassergefäße zu benutzen ist sicherlich ein gut gemeinter Rat, ist aber nur sehr bedingt hilfreich. Das Wasser verschmutzt gerade beim Aquarellmalen nur sehr wenig, das kann man ganz leicht ausprobieren, indem man dieses verschmutzte Wasser mal auf Aquarellpapier aufträgt. Die Färbung ist minimal bis wenig sichtbar. Wenn man ständig sauberes Wasser nimmt, erreicht man damit eher das Gegenteil von guter Malerei, zumindest wenn sie realistisch sein soll. In der Natur gibt es reine Farben nur sehr, sehr selten. Entsprechend arbeiten wir in der realistischen Malerei mit gebrochenen Farben. Wer englische Videos schaut, hört da von den sogenannten „dirty colors“. Und die entstehen, indem man mehrere Farben mischt. Wenn man also beim Aquarellmalen mit leicht verschmutzten Wasser arbeitet, bekommt man solche gebrochenen, „dirty colors“ ohne große Mühe. Zusätzlich befinden sich in verschmutztem Wasser Spuren von allen Farben, die ich im Bild benutze, und ich kann damit ohne zusätzlichen Aufwand eine Grundharmonisierung der Farben in meinem Bild erreichen.
Wer natürlich wirklich nur reine Farben haben möchte, so wie sie aus dem Kasten kommen, der sollte unbedingt zwei Wasserbehälter benutzen.
Ähnliches gilt übrigens für die Acrylmalerei, allerdings verschmutzt das Wasser hier sehr viel mehr, sodass auch ich hier das Wasser öfter wechsle.

7. Wenn Sie giftige Dämpfe beim Ölmalen vermeiden wollen, warum nehmen Sie dann keine wasservermalbaren Ölfarben?

Weil wasservermalbare Ölfarben nicht die gleichen Eigenschaften haben wie traditionelle Ölfarben. Sie lassen sich zwar genauso mischen, auch die Farben sind schön beim Farbauftrag, aber sie brauchen sehr, sehr lange, bis sie so trocken sind, dass man wieder drüber malen kann. Deshalb funktioniert hier die Schichtenmalerei bei weitem nicht so gut wie bei den traditionellen Ölfarben. Und für die AllaPrimaMalerei brauche ich keine Lösungsmittel, deshalb nehme ich auch hier lieber das Original.
Giftige Dämpfe kann man übrigens dadurch vermeiden, dass man sich immer nur sehr wenig Malmittel in seinen Behälter gibt, und auf keinen Fall Terpentin zum Auswaschen des Pinsels benutzt. Viele Anfänger machen den Fehler, dass sie ihr Terpentin wie ein Wassergefäß neben ihren Farben stehen haben und darin ständig den Pinsel auswaschen. Das ist vollkommen unnötig. In den meisten Fällen reicht es, wenn ich die Farbe gut abwische. Nur in Ausnahmefällen wasche ich tatsächlich meinen Pinsel aus. Ansonsten steht mein Gefäß mit dem Terpentin verschlossen auf meinem Arbeitsplatz und ich habe dadurch auch keine Geruchsbelästigung.

Aber als Pädagogin, die vor allem auch mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, muss ich aber Sicherheitshinweise sehr deutlich geben, einfach um Schaden von meinen Schützlingen abzuwehren.

8. Was soll ich nur zeichnen oder malen? Immer, wenn ich Lust darauf habe, fällt mir einfach nichts ein.

Das ist vermutlich von allen Fragen die häufigste. Vor allem, wenn Zeichnen und Malen „nur“ ein Hobby sind, erwarten die meisten Menschen, dass es hier anders ist, als im täglichen Leben. Dass einem die Ideen zufliegen und dass man immer nur schöne Stunden erlebt. Leider gilt aber auch hier: ohne Fleiß kein Preis. Deshalb ist mein Tipp, sich eine Sammlung von 100 Motiven als Foto zuzulegen. Zunächst je 10 kugelförmige, zylinderförmige und würfelförmige Gegenstände. Das wären z.B. alle runden Früchte, Vasen, Flaschen, Kannen, Töpfe und Bücher, Kästchen, Dosen.
Als Nächstes sammelt man Fotos von Dingen, die einen interessieren: Bäume, Pflanzen, Blumen, Stadtansichten, Landschaften. Und zu guter Letzt komplizierte Alltagsgegenstände aller Art. Von Schuhen über Korkenzieher zu Lampen oder Möbel.
Und wenn man an einem Tag große Lust hat, zu zeichnen oder zu malen, dann spielt man Motiv-Lotto. Man zieht irgendein Motiv aus der Motivkiste und beschäftigt sich mit genau diesem Motiv. Zeichnet oder malt es, abstrahiert es, lässt sich überraschen. Dabei merkt man fast immer, wie der Appetit beim Tun kommt.

Zu diesem Beitrag gibt es auch ein Video auf YouTube. (Achtung externer link!)

Unsere Grundausstattung für Anfänger

Unsere Bücher zum Zeichnen und Malen Lernen